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Bei Trennung und Scheidung auf das Kind schauen

Scheidung

Jede Trennung oder Scheidung belastet nicht nur die Eltern, sondern auch die Kinder. Allerdings muss eine Trennung für den Nachwuchs nicht zu einer unvermeidlichen und vor allem langfristigen Tragödie werden. „Kinder erleben die Trennung vor allem dann als negativ, wenn sie nicht ausreichend betreut werden und auf ihre Bedürfnisse, Emotionen und Konflikte nicht mehr wie bisher eingegangen wird“, erklärt Gerhard Steiner, MSc Systemischer Psychotherapeut und Lebensberater im Gesundheitszentrum Seestadt, 1220 Wien.

Natürlich sind eine Trennung und Scheidung einschneidende Erlebnisse für Kinder und Jugendliche. Die Folgen können sich mittel- bis langfristig auswirken und haben auch Einfluss auf die seelische und geistige Entwicklung. Die Reaktionen, Symptome und Bedürfnisse der Kinder hängen aber auch vom Alter ab. Selbstwertgefühl, Schullaufbahn, geschlechtliche Identität, Vertrauen in Beziehungen und Liebesfähigkeit, Psychosomatik oder krankhafte Symptome können eine Rolle spielen.

Trennung und Scheidung: Bedürfnisse, Emotionen und Konflikte

Gerhard Steiner: „Eine Scheidung der Eltern bedeutet für die Kinder immer das Erleben eines massiven Verlusts. Letztlich ist es auch ein schmerzlicher Einschnitt in die Lebenssituation eines Kindes.“ Damit können eine Fülle von Gefühlen einhergehen: Ohnmacht, Hilflosigkeit, Wut, Scham. Dies löst wiederum Ängste und Konflikte aus. Ganz schlecht für das Wohlbefinden eines Kindes ist es, wenn es unter den negativen Gefühlen und dem Streit zwischen den Eltern leidet. Darum sollten die Eltern darauf achten, auf die Bedürfnisse der Kinder zu achten. Beide Elternteile haben mit der Geburt des Kindes eine Verantwortung und Erziehungsrolle übernommen, das sollte auch weiterhin so sein.

Oftmals entstehen bei den Kinder Ängste, den Elternteil weniger oder gar nicht mehr zu sehen (zu verlieren). Ein Problem sind auch Loyalitätskonflikte, wenn Kinder versuchen, jeweils auf der Seite jedes Elternteils zu stehen und den jeweiligen Vorstellungen zu entsprechen. Das Kind darf auch nie das Gefühl haben, dass ein eigenes kindliches Fehl-Verhalten ein möglicher Scheidungsgrund ist.

Erfahrungen, die Kinder brauchen

Gerhard Steiner: „Wichtig wäre, dass das Kind auch nach der Scheidung beide Eltern gleich lieb haben darf. Das hängt natürlich mit dem regelmäßigen Kontakt und der Nähe zu beiden Elternteilen zusammen.“ Abwertungen und Beleidigungen über den anderen Elternteil sind immer kontraproduktiv. Wichtig sind auf jeden Fall die Aufrechterhaltung von Beziehungen und dem Kontakt zu anderen Bezugspersonen, die für das Kind wichtig sind. Die Vertrautheiten des Alltags – Wohnung, Schule, Bekannte und Freunde – muss ebenso wie wichtige Rituale des Alltags möglichst aufrecht erhalten werden. Natürlich besteht immer eine Phantasie und Hoffnung, dass eventuell, eines Tages, alles wieder „gut werde“. Sinnvoll ist es daher auch, neue Partner nicht sofort kennenlernen und mögen zu müssen.

Trauer ist wichtig

Um eine Scheidung verarbeiten zu können, müssen Kinder auch die Chance haben, in allen Formen trauern zu dürfen. „Diese Trauerprozesse sind gesunde Prozesse zur Wiedererlangung des psychischen Gleichgewichts und mit dem Auftauchen von Symptomen und Reaktionen verbunden“, so Gerhard Steiner. Die meisten dieser Reaktionen sind von den Kindern keine bewusst gesteuerten oder initiiert Prozesse, sondern Ausdruck innerpsychischer Vorgänge. Zeigen Kindern keine Auffälligkeiten oder Reaktionen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie durch die Trennung oder Scheidung nicht belastet sind. Das Auftauchen von Nervosität oder Gereiztheit, Aggressionen, Traurigkeit oder auch Einnässen, schlechte Schulleistungen und somatische Beschwerden können hingegen als Ausdruck psychischer Angespanntheit verstanden werden.

Systemische Therapie und Beratung

Häufig sind Eltern mit der kindlichen Dynamik und den krisenhaften Entwicklungen überfordert. Einerseits brauchen die Kinder einfühlsame Gespräche oder ganz spezielle Unterstützungen, andererseits sind die Eltern oft selber durch die Scheidung enorm belastet. Dadurch wird dann oftmals nicht auf die Bedürfnisse der Kinder geachtet. Gerhard Steiner: „In dieser Situation kann es sehr hilfreich sein, sich fachliche Beratung und Unterstützung zu holen, um eine sorgsame Sicht auf die Bedürfnisse der Kinder zu wahren.“

Buchtipps:

Judith Zacharias-Hellwig, Die Sehnsucht des kleinen Orange,
Scheidung, Scheidungskinder, glückliche Scheidungskinder, Trennung;
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Eva Orinsky, Die Krokobären:
Eine Geschichte für Kinder, deren Eltern sich trennen.
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Webtipp:

Rainbows hilft Kindern und Jugendlichen in stürmischen Zeiten – bei Trennung, Scheidung oder Tod naher Bezugspersonen.
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